Wenzenbach

Besuch in Wenzenbach BEN (Flüchtlingslager Wenzenbach), Donnerstag 09.10.2014, 15:00 Uhr. Wenzenbach. Termin mit dem Bürgermeister. Ein müdes Team stellt sich auf einen trockenen Besuch ein. Aber die Oberpfalz überrascht heute schon wieder. Jung, erfrischend, ehrlich wirkt Sebastian Koch, der uns zusammen mit einem Mitarbeiter des örtlichen Bauhofs, der neuerdings auch als Arabisch-Übersetzer tätig ist, begrüßt. Im Februar wurden 16 Flüchtlinge in Wenzenbach untergebracht, demnächst kommen weitere dazu. Der Vorgänger von Bürgermeister Koch hatte noch für die dezentrale Unterbringung gesorgt, die Familien wurden in Wohnungen untergebracht. Koch lästert ein wenig über seine Kollegen, die schiere Angst zu haben scheinen, eine neue "Fuhr" Asylbewerber zu bekommen, so der Jargon bei Versammlungen der Bürgermeistern. Der 27-jährige SPD-Politiker ist überzeugt von dem dezentralen Konzept, auch davon, dass es sich lohnt, mehr Geld in die Hand zu nehmen, damit Menschen nicht in überfüllten Lagern unterkommen müssen, sondern in Wohnungen leben können. Ortsbesuch in  einer der Wohnungen. Eine syrische Familie empfängt uns, der Mitarbeiter des Bauhofs übersetzt. Er macht das gerne, ist auch jederzeit per Handy ansprechbar bei Problemen. Die Familie lebt in einer netten kleinen Wohnung. In Zirndorf war es schlimm, hier fühlen sie sich wohl, erzählt die junge Mutter. Kontakt zu den Nachbarn gibt es nicht, ins Dorfleben integriert sind sie nicht. Die Sprachbarriere ist ein großes Problem. Die Familie zeigt uns verschiedene Briefe, auf die sie längst hätte reagieren sollen. Die zuständige Sozialbetreuung ist nicht greifbar - auch überlastet vermutlich - , sie wissen gar nicht, wer zuständig ist. Der Mitarbeiter des Bauamts übersetzt. Keine schlimmeren Sachen, gottseidank, die syrische Familie hat kürzlich eine Anerkennung bekommen, jetzt müssen aber einige Dinge geregelt werden, beispielsweise die Befreiung von den Rundfunkgebühren und die Bezahlung der Unterkunftskosten. Ohne Beratung, unmöglich. Der Bürgermeister ist erstaunt. Kann ja irgendwie nicht sein, dass hier Briefe rumliegen, die keiner der Bewohner versteht und ihnen niemand hilft. Mancherorts, erzählt er, bekommen die Vermieter höhere Zahlungen, um sich um Alltagsprobleme zu kümmern - wie das klappt, fraglich. Sozialbetreuer sind die ja schließlich auch nicht. Für Wenzenbach sieht Koch mal, was zu tun ist und beginnt gleich mit Überlegungen, wer das möglicherweise übernehmen könnte. Eine Nachbarschaftshilfe gibt es vor Ort, vielleicht wollen hier auch einige den Asylbewerbern helfen. Dann gäbe es auch gleich Kontakt zu Wenzenbachern. Trotz einiger Schwierigkeiten wirkt die Familie deutlich entspannter und besser gelaunt als die meisten Flüchtlinge, die wir bisher bei unserer LagerInventour getroffen haben. Auch in Grüntal im Nachbarort will der Bürgermeister demnächst einen Hausbesuch abstatten und Kontakt herstellen. Das Landratsamt hat dort 9 syrische Flüchtlinge untergebracht, zum 1. August. Informiert wurde das Wenzenbacher Rathaus erst jetzt, zwei Monate später, von verwunderten Nachbarn.