Mindelheim

Lager in Mindelheim - altes Möbel-Haus AGNES (Flüchtlingslager, Mindelheim), Montag 6.10.14, 15.00 Uhr: Ich unterhalte mich mit einer Gruppe von drei jungen Männern. Sie leben seit sechs Monaten in dem Lager. Sie wohnen zu sechst in einem Zimmer mit einem Stockbett und vier Einzelbetten. Metallspinde, ein Kühlschrank und ein Fernseher füllen den restlichen Raum. "Hier gibt es keine Privatsphäre", sagt der eine von ihnen. "Es gibt einen Raum mit Toiletten auf dem Stockwerk", sagt er. "Die ist entweder dreckig oder besetzt. Manchmal müssen wir in das Spielcasino auf der gegenüberliegenden Straßenseite gehen." Aber das sei nur das eine Problem. Das andere ist das Warten, das einen kaputt mache. "Ich sitze hier den ganzen Tag nur rum", erzählt ein anderer. "Ich darf nicht arbeiten, da ich erst seit sechs Monaten in Deutschland bin. Mein Tagesablauf besteht aus Aufstehen, Essen, Schlafen. Und dann dasselbe wieder von vorn. Jeden Tag. Das ist wie im Gefängnis hier." 279 Euro im Monat müssen für alles reichen: Essen, Klamotten, Hygieneartikel, etc. Da bleibt nicht viel übrig. Ausgehmöglichkeiten gibt es sowieso keine in Mindelheim. "In manche Restaurants kommt man hier gar nicht rein. Die wollen hier niemanden mit einer anderen Hautfarbe", sagt einer der jungen Männer. "Flucht ist doch kein Verbrechen. Ich verstehe das nicht. Würdest du so leben wollen?" Ein kleines Mädchen aus Mazedonien führt mich durch das Lager und zeigt mir alles. Sie besucht die dritte Klasse der Grundschule. Sie ist ziemlich aufgeweckt und kennt jeden Menschen, der uns auf den Gängen begegnet mit Namen. Es ist ein bisschen trostlos hier: Im gesamten Lager hängen an den Treppengeländern Klamotten; aus Platzmangel an an Möglichkeiten, diese zum Trocknen aufzuhängen. Einige der Toiletten sind mit geschwungenen Schildern beschriftet, auf denen "Sie" und "Er" steht. In einer der Küchen ist an der Tür der Schriftzug "Biergarten" zu lesen. Überall verteilt in den Gängen hängen Verbotsschilder, die vermitteln sollen, dass hier nicht gespielt werden darf. Draußen gibt es eine weitlaüfige Wiese mit einem Volleyballnetz und zwei Metalltoren. Eine Gruppe Männer spielt gerade Volleyball. "Das ist mein Ball", erzählt das kleine Mädchen stolz. "Im nächsten Moment beschwert sie sich, dass überall auf dem Gelände Sachen rumstehen: Fahrräder, ausrangierte Sofas und Spinde. Ein eigenes Fahrrad bekomme sie nicht. Sie lebt seit zwei Jahren mit ihrer Familie in Mindelheim.